Faktencheck

zu "Hart aber fair" vom 14.10.2013

Infos zur Sendung vom 14.10.2013

(mit Quellen-Angaben und Belegen)

 

Eine Talkshow ist turbulent. Und als Zuschauer kann man häufig schlecht erkennen, wer die Wahrheit sagt. Unklar ist häufig auch, wie neutral und unabhängig der eine oder andere Experte ist.

Zahlreiche Mediziner beispielsweise nehmen 
regelmäßig Geschenke und Zuwendungen der Pharmaindustrie an (s. u. a. Berliner Ärzte, 5/2013). So auch die Psychiater Oliver Peters, Andreas Fellgiebel und Wolf Dieter Oswald, die bei "Hart aber fair" als Demenz-Fachleute konsultiert wurden. 
Zudem benötigen Ärzte wie Oliver Peters für ihr Fortkommen auf der Karriereleiter ständig Nachschub an Probanden für Medikamenten-Studien. Zahlreiche Menschen werden dafür zu

Alzheimer-Kranken gestempelt. Dabei gibt es für die Diagnose "Alzheimer" bis heute keinen Beleg. (siehe weiter unten)

 

Hier können Sie die bei "Hart aber fair" vom 14.10.2013 gemachten Aussagen selbst überprüfen:

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Der Sportreporter Werner Hansch sagt: Auch wenn Alzheimer nicht heilbar sei, so könne man den Verlauf mit Hilfe von Medikamenten positiver beeinflussen, je früher die Krankheit erkannt wird. Hat er recht?

 

Die Fakten:

- Laut S3-Leitlinie Demenzen "existiert für keine der degenerativen Demenzerkrankungen eine Therapie zur Verminderung der Progression bzw. zur Heilung" 

Quelle: S3-Leitlinie Demenzen, Langfassung, S. 21 oben


Das heißt: Die Aussage von Werner Hansch entsprechen nicht dem Stand der Forschung.

 

Erläuterungen:

- Bei der S3-Leitlinie Demenzen handelt es sich um eine von führenden Neurologen, Psychiatern und Forschern verfasste Zusammenfassung des aktuellen Stand der Wissenschaft zum Thema Demenz. Die Leitlinie dient zudem als Handlungsanleitung für alle Ärzte in Deutschland. 
- Alzheimer gilt als neurodegenerative Erkrankung. Also als eine von mehreren Demenzerkrankungen, die durch Abbauprozesse im Gehirn hervorgerufen werden
- Progression heißt Fortschreiten. Folglich gibt es keine Therapie, mit der sich das Fortschreiten der Alzheimer-Demenz bremsen, verzögern, verhindern oder gar heilen ließe. Das hindert viele Mediziner jedoch nicht, trotzdem in der Öffentlichkeit Werbung für Medikamente gegen Alzheimer zu machen und falsche Hoffnungen zu wecken mehr

 

Lese-Tipp: Wirtschaftswoche vom 08.10.2011 

Darin sagt der Alzheimer-Forscher Konrad Beyreuther: 
"Wirksame Alzheimer-Medikamente sind in weiter Ferne. Hier gab es seit Jahren fast nur Rückschläge"

 

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Die Wissenschaftsjournalistin Cornelia Stolze sagt, bis heute könne niemand genau sagen, was Alzheimer ist und wo die Ursachen liegen.
Hat sie recht? 

 

Die Fakten

- Laut S3-Leitlinie Demenzen ist Alzheimer "eine Krankheit mit unbekannter Ätiologie"

Erläuterung: Ätiologie ist das griechische Wort für "Ursache"

  

- Laut S3-Leitlinie Demenzen gibt es zudem kein Verfahren, mit dem sich die so genannte Alzheimer-Demenz  diagnostizieren und von anderen Demenzformen abgrenzen lässt. Selbst bei gründlichster Untersuchung lautet die Diagnose im besseren Fall: "wahrscheinliche Alzheimer-Demenz", im schlechteren: "mögliche Alzheimer-Demenz

Quelle: S3-Leitlinie Demenzen, Langfassung, S. 12 

 

- "Verschiedene Demenzen lassen sich bislang nur durch den Ausschluss anderer Krankheiten indirekt feststellen. Eine direkte Diagnostik, mit der man Demenzen schon im Frühstadium zuverlässig erkennen könnte, fehlt"

Quelle: Kompetenznetz Demenzen

 

Das heißt: Die von mir bei "Hart aber fair" gemachten Aussagen entsprechen dem Stand der Forschung

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Cornelia Stolze zweifelt an dem Zusammenhang zwischen Eiweißablagerungen im Gehirn und Alzheimer. Sie sagt, bei einem Drittel der sehr alten Menschen würden diese Ablagerungen ebenfalls gefunden, obwohl sie geistig gesund sind.
Stimmt das? 
 
Die Fakten: Zahlreiche Studien, bei denen die Gehirne von Verstorbenen mikroskopisch untersucht wurden, belegen diese Aussage. Eine der bekanntesten ist die so genannte Nonnen-Studie aus den 1990er Jahren. Eine jüngere, in der Fachzeitschrift Lancet veröffentlichte Studie bestätigt diesen Befund.
Quelle: The Lancet, Volume 357, Issue 9251, Pages 169 - 175, 20 January 2001
 
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zur Frage der Unabhängigkeit des Psychiaters OIiver Peters:
 
Fakt ist:
- Oliver Peters hat in den vergangenen Jahren Zahlungen von mehreren Pharmafirmen erhalten, darunter Bayer Schering Pharma AG, Bristol-Myers Squibb, Janssen-Cilag und Novartis.

 

- Einige der oben genannten Firmen haben Medikamente auf dem Markt, für deren verstärkten und frühen Einsatz Herr Peters auch in der Öffentlichkeit wirbt. Andere arbeiten an der Entwicklung solcher

bzw. ähnlicher Präparate
 
- Oliver Peters führt zudem im Auftrag mehrere Pharmafirmen Studien an Menschen durch, darunter Roche, Eli Lilly, Genentech, Affiris, AbbVie, Bristol-Myers Squibb und Piramal sowie Wyeth, Bayer Schering Pharma, Medivation/Pfizer, AC Immune, Servier 
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zur Frage der Unabhängigkeit des Psychiaters Andreas Fellgiebel:
 
Fakt ist:
- Andreas Fellgiebel hat in den vergangenen Jahren Zahlungen von mehreren Pharmafirmen erhalten, darunter Shire plc, Genzyme Corporation, Merz Pharmaceuticals ristol-Myers SquibbJanssen-Cilag und Novartis.
Quelle: Neurology 2011; 77; 14; vorletzte Seite  

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Zur Frage der Kompetenz und Unabhängigkeit des Psychologen Wolf Dieter Oswald:
 
Fakt ist:
- Wolf Dieter Oswald betreibt eine Website, auf der er unter anderem den Eindruck erweckt, es gebe Verfahren, mit denen eine Früherkennung von Alzheimer möglich sei. Das aber entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft. Alzheimer lässt sich nicht einmal nachweisen, wenn ein Mensch bereits schwer dement ist. Wie aber will ein Arzt dieses Leiden dann bereits im Frühstadium oder gar im Voraus erkennen?  
 
Quelle: Website von Wolf Dieter Oswald
 
- Oswald nennt die so genannten Gedächtnis-Sprechstunden, die es inzwischen an vielen Unikliniken gibt, als "gute Anlaufstellen" für eine "Alzheimer-Früherkennung". Vieles spricht jedoch dafür, dass diese
Einrichtungen (auch Memory-Kliniken genannt) in den vergangenen Jahren vor allem geschaffen wurden, um kranke und gesunde Freiwillige für klinische Studien zu "rekrutieren". Tatsächlich gibt es nach Ansicht
anderer Experten keine Belege darauf, dass die Patienten selbst von diesen Einrichtungen profitieren. Im Gegenteil. Es könne ihnen sogar aus mehreren Gründen schaden. 
 
Quelle: British Medical Journal 2013; 347 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.f5125

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Hinweis: Die hier genanntenn Angaben zu den Interessenkonflikten und Verbindungen zur Phramaindustrie von Oliver Peters, Andreas Fellgiebel und Wolf Dieter Oswald erheben keinen Anspruch
auf Vollständigkeit - im Gegenteil.

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zu "Hart aber fair" am 28.10.2013:

- Erneut widmet sich Plasberg dem Thema "Alzheimer"
- Erstaunlich daran: Wieder 
ist der Mediziner Oliver Peters zu Gast

  (wie bereit in der Sendung vom 14.10.2013) 
Gut für Oliver Peters, der für sein persönliches Fortkommen auf einen regen Zustrom an gutgläubigen Probanden für seine Versuche an Menschen angewiesen ist.
Weitere Infos hier

- Denn: Oliver Peters ist zwar Oberarzt an der Charité. Doch Peters steht in den Diensten mehrerer Arzneimittelfirmen, die mit seiner Hilfe verschiedene Substanzen zur Behandlung
von "Alzheimer" an vermeintlichen Alzheimer-Patienten testen.
Vermeintlich, weil
bis heute niemand weiß, was "Alzheimer" ist. Und weil sich das ominöse Leiden weder im Voraus noch nach Ausbruch zahlreicher Demenz-Symptome nachweisen oder
von anderen Demenzen abgrenzen lässt. (Details s. u.)